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Tipps wenn Kinder schnell frustriert sind und häufige Wutanfälle haben

  • Autorenbild: Charlotte Münstermann
    Charlotte Münstermann
  • 7. Okt.
  • 4 Min. Lesezeit

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Viele Eltern berichten mir im Praxisalltag, dass ihr Kind schnell frustriert ist und sehr häufige Wutanfälle zeigt – und zwar weit über das „klassische Trotzalter“ hinaus. Besonders dann, wenn etwas nicht klappt, wenn sich Abläufe ändern, das Kind verliert oder eine Aufgabe nicht machen möchte, kommt es oft zu heftigen Gefühlsausbrüchen.

Dieser Beitrag richtet sich an Eltern, die ihr Kind in solchen Situationen besser verstehen und begleiten möchten. Er ist außerdem hilfreich für Familien, deren Kinder Schwierigkeiten haben, Gefühle zu spüren oder zu benennen – zum Beispiel, wenn sie ungern weinen oder ihre Emotionen nur schwer ausdrücken können.


Typische Alltagssituationen, die zu Konflikten führen

In der Ergotherapie erzählen uns Eltern immer wieder von diesen feurigen Situationen:


  • Hausaufgaben machen

  • Aufräumen

  • Zähneputzen oder Anziehen

  • Fernseher ausschalten

  • ins Bett gehen usw.


Gerade bei diesen fremdbestimmten Tätigkeiten reagieren Kinder oft mit Widerstand. Aber auch bei spontanen Veränderungen im Ablauf, bei Müdigkeit, Streit, Schmerzen oder Überreizung können sie sich schwer regulieren.

Manche Kinder haben noch nicht die Fähigkeit zur kognitiven Flexibilität entwickelt – das heißt, sie können sich nicht schnell auf eine Veränderung einstellen. Statt Lösungen zu suchen, kippt die Stimmung und das Kind reagiert mit Schreien, Weinen oder Wutausbrüchen.


Frustrationstoleranz und Selbstregulation

Kleinkinder haben von Natur aus eine geringe Frustrationstoleranz. Mit zunehmender Reife wächst die Fähigkeit, Gefühle zu steuern und zu verstehen, was man gerade braucht: Ruhe, Bewegung, Nähe? Manche Kinder benötigen jedoch mehr Begleitung, um dorthin zu kommen.

Typische Anzeichen für geringe Frustrationstoleranz sind:

  • starkes Reagieren, wenn Wünsche abgelehnt werden

  • nicht warten können

  • Ausbrüche beim Verlieren oder wenn Regeln eingefordert werden

  • schnelles Aufgeben bei Aufgaben, die nicht sofort gelingen

  • Aufschieben oder Vermeiden von Pflichten wie Hausaufgaben, verbunden mit Wut oder Diskussionen

  • sehr starke Reaktionen auf gefühlte Ungerechtigkeiten

  • häufige Konflikte mit Gleichaltrigen


Gefühle spüren, benennen und verstehen lernen

Viele Kinder haben Schwierigkeiten, Nuancen von Gefühlen wahrzunehmen. Sie spüren zwar „viel“, können es aber nicht differenzieren. Auch der Bezug zum Körper fehlt oft: Wo fühlt sich Wut an? Wie merke ich Traurigkeit?

Ein besonders wichtiges, aber oft tabuisiertes Gefühl ist die Scham. Dieses Gefühl ist für Kinder (und auch für uns Erwachsene) sehr unangenehm. Oft möchte man sich in solchen Momenten am liebsten verstecken. Umso wichtiger ist es, auch darüber mit Kindern zu sprechen.


Eine Gefühls- und Bedürfnisliste selbst gestalten

Statt eine fertige Vorlage zu nutzen, empfehle ich, dass Eltern mit ihrem Kind selbst eine individuelle Liste erstellen. So entsteht ein Werkzeug, das wirklich zum Kind passt.

  • Linke Spalte: verschiedene Gefühle (z. B. Wut, Freude, Angst, Scham, aber auch Müdigkeit, Langeweile, Ungeduld)

  • Rechte Spalte: mögliche Bedürfnisse, die sich dahinter verbergen (z. B. Trost, Rückzug, Nähe, Bewegung, Ruhe)

So eine Liste ist nicht starr, sondern ein Prozess. Ihr könnt jederzeit ergänzen oder verändern.

👉 Anwendungsideen:

  • Die Liste sichtbar im Kinderzimmer aufhängen.

  • Abends gemeinsam schauen: „Wo würdest du dich heute einordnen?“

  • Das Kind dreimal am Tag kurz innehalten lassen und mit einer Klammer markieren, welches Gefühl gerade passt.

  • Überlegen: „Was könnte dir in diesem Gefühl guttun?“


Kinder begleiten statt bewerten

Gefühle zu begleiten heißt nicht, sie „wegzumachen“. Sondern: Dem Kind zu spiegeln, dass es gesehen und ernst genommen wird.

Formulierungen wie:

  • „Ich merke, du bist gerade sehr wütend.“

  • „Ich verstehe dich.“

  • „Was brauchst du jetzt?“

Kinder lernen so, dass Gefühle wie Gäste sind: Sie kommen, bleiben und gehen wieder. Es ist wichtig, dass Kinder nicht denken: „Ich bin wütend“, sondern: „Ein Teil von mir fühlt sich gerade wütend.“ Das schafft Abstand und verhindert, dass man von Gefühlen mitgerissen wird.


Fragen, die Eltern stellen können

  • „Welche Gefühle kennst du?“

  • „Wie fühlt sich Traurigkeit an?“

  • „Wann warst du zuletzt beschämt – und was wolltest du da am liebsten tun?“

  • „Was hilft dir, wenn du wütend bist?“

Durch dieses gemeinsame Erkunden wird dem Kind klarer, was es eigentlich braucht.


Der Nutzen für Kind und Eltern

Wenn Kinder lernen, ihre Gefühle besser zu steuern, profitieren alle:

  • Das Kind spürt mehr innere Stärke und Selbstwirksamkeit.

  • Eltern erleben weniger Alltagskonflikte und mehr entspannte Momente.

  • Die Beziehung wird enger, weil Kinder merken: „Ich werde verstanden und begleitet.“

Natürlich wird es weiterhin Wutanfälle geben – das gehört zur Entwicklung dazu. Aber sie werden weniger, kürzer und für alle Beteiligten besser auszuhalten.


Zum Schluss

Kinder sind so, wie sie sind, völlig Richtig. Doch wenn Wutanfälle sehr häufig vorkommen, kann das Kind darunter leiden und auch das Familienleben belasten. Es geht nicht darum, Wut abzuschaffen, sondern den Kindern zu helfen, ihre Gefühle wahrzunehmen und Schritt für Schritt zu regulieren.

Eine selbstgestaltete Gefühls- und Bedürfnisliste kann dabei ein wertvolles Hilfsmittel sein – und manchmal braucht es zusätzlich die Begleitung durch Fachleute wie Psychologen oder uns Ergotherapeuten.

In der Ergotherapie greifen wir diese Themen gezielt auf und arbeiten mit den Kindern an weiteren Strategien, die über eine Gefühlsliste hinausgehen. Dazu gehören z. B. spielerische Übungen zur Selbstwahrnehmung, Methoden zur Verbesserung der Frustrationstoleranz, gezieltes Training von Handlungsplanung und kognitiver Flexibilität sowie kreative Ansätze, um Gefühle ausdrücken und regulieren zu lernen. Durch unser fachliches Wissen und unsere therapeutischen Methoden können wir Kinder Schritt für Schritt dabei unterstützen, im Alltag besser mit ihren Emotionen und den damit verbundenen Herausforderungen umzugehen.


Herzliche Grüße

Deine Charlotte


🛡️ Rechtlicher Hinweis:

Die Inhalte dieses Textes beruhen auf meinem fachlichen Wissen als Ergotherapeutin sowie auf meinen persönlichen Erfahrungen aus meiner täglichen Arbeit . Dieser Text dient der allgemeinen Information und ersetzt keine ärztliche Diagnose, Beratung oder Behandlung. Es wird kein Heilversprechen gegeben. Der Nutzen einer ergotherapeutischen Maßnahme ist individuell verschieden und hängt vom jeweiligen Einzelfall ab.

 
 

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